Elektromobilität hat nicht nur mit lautlosem und emissionsfreiem Fahren von A nach B zu tun. Sie steht vielmehr für den ewigen Drang des Menschen, Bestehendes neu zu denken und zu hinterfragen. Ein Unternehmen mit Weitblick und international unerreichtem Know-how ist Kreisel Electric aus Rainbach im Mühlkreis.
Gemeinsam mit ŠKODA entwickelten die Experten von Kreisel Electric den RE-X1: ein E-Auto, das härtesten Ansprüchen gerecht werden muss und ständig unter Dauerbelastung steht. Warum? Es ist das erste elektrische Rallyeauto, das sich direkt mit konventionell angetriebenen Rallyeboliden misst. Die Brüder Philipp, Johann und Markus Kreisel im Interview mit MOVE ON.
Kreisel als Technologieunternehmen im E-Mobilitätssektor - was bedeutet das
genau? Wo liegen Ihre Kernaufgaben?
Unsere Kernkompetenz liegt im Batteriebereich. Wir planen und entwickeln unsere
Batteriesysteme selbst, was sehr viele Vorteile mit sich bringt. So können wir
zielgerecht Lösungen für den Marine- oder Schwerlastbereich, aber auch effiziente
Systeme für die E-Mobilität schnell und einfach entwickeln. Wir haben uns stark mit
dem Temperaturmanagement einer Batterie beschäftigt und können so die Lebensdauer
beträchtlich verlängern. Das Abführen von Wärme, aber auch das Heizen bei kalten
Temperaturen sind die großen Themen, die wir direkt im Haus angehen. Daneben
kümmern wir uns auch um die Infrastruktur der Batterie, also ums Laden, die
Implementierung ins Fahrzeug und softwaretechnische Aspekte.
Aus dem ŠKODA FABIA als Basis haben Sie ein Rallyefahrzeug entwickelt, das
bereits erfolgreich im Einsatz ist. Wie ist es zu dem Projekt
gekommen?
Entstanden ist die Idee eines elektrisch betriebenen Rallyefahrzeugs bei der
Jänner-Rallye, die nicht weit von uns jedes Jahr stattfindet. Eines Tages dachten
wir uns: Es muss doch möglich sein, mit einem E-Rallyeauto anzutreten! Mit dem
zwölffachen Rallye-Staatsmeister Raimund Baumschlager haben wir einen erfahrenen
Partner gefunden, der sofort an Bord war. ŠKODA war von der Idee begeistert und
stellte uns neben dem ŠKODA FABIA auch noch jede Menge Expertise und Hilfe zur
Seite. Die Planungsphase war unglaublich intensiv, ohne ŠKODA wäre das in der Form
nicht möglich gewesen. Rallye bedeutet Präzision, Schnelligkeit, aber auch höchste
Dauerbelastung und enorme Ansprüche an die Sicherheit für Pilot und Co-Pilot.
Der ŠKODA KREISEL RE-X1 ist also vom weißen Blatt Papier weg
entstanden?
Richtig. Man muss sich das mal vorstellen: Bei der Rallye Weiz landeten wir auf dem
dritten Platz, knapp sechs Monate nach der ersten Testfahrt. Wir wollten mit dem
RE-X1 zeigen, dass Elektromobilität nichts Außergewöhnliches mehr ist, sondern im
Jetzt angekommen ist. Das beweisen wir, indem wir in keiner eigenen Klasse fahren,
sondern direkt gegen die anderen Fahrzeuge mit konventionellen Antrieben
antreten.
Wir haben ein komplettes Ökosystem um den RE-X1 erschaffen, mit ultraschnellen
mobilen Ladestationen, die zum Großteil mit Energie aus Solarzellen vom Dach
unserer Zentrale in Rainbach gespeist werden. Rallye heißt nicht einfach über Stock
und Stein brettern. Es gibt Sonderprüfungen, Fixzeiten, Etappen und mehr. Da darf
keine Sekunde verloren gehen.
Wie gut eignete sich die Grundform des ŠKODA FABIA als Basis für ein
E-Rallyefahrzeug nach Ihren Vorstellungen?
Da ŠKODA als enger Entwicklungspartner an unserer Seite stand, war der ŠKODA FABIA
das ideale Fahrzeug für unseren RE-X1. Der Rallye-FABIA ist voller hochmoderner
Technikelemente, die fein aufeinander abgestimmt sind.
Was kann man aus dem Motorsport-Projekt RE-X1 lernen? Und kann der
Motorsport helfen, die E-Mobilität für den Alltag weiter zu
verbessern?
Absolut. Der ŠKODA KREISEL RE-X1 stellt extreme Anforderungen an die
Elektro-Komponenten, vorrangig an die Batterie. Hohe Belastung ans Material,
höchste Crash-Resistenz und ultraschnelle Ladezeiten sind Punkte, die uns auch bei
anderen Projekten wie der Mobilität für den Straßenverkehr weiter nach vorne
bringen. Das Projekt ist wirklich nahe an der Serie dran. Wo andere Rennserien
Teile oft nur für den Rennsport entwickeln, stecken im RE-X1 eine Vielzahl an
Komponenten, die wir auch im elektrifizierten Straßenverkehr wiederfinden.
Wie wird die E-Mobilität in zehn Jahren aussehen?
Die Mobilität wird sich in den nächsten Jahren stark verändern. Wir denken, dass
sich auch der Wasserstoffantrieb irgendwo wiederfinden wird. Die E-Mobilität wird
noch nutzerfreundlicher werden. Und da geht es gar nicht so um noch höhere
Reichweite, sondern um schnellere und dichtere Ladenetze. Denken wir nur ans Handy:
Diejenigen von uns, die noch die Tasten-Modelle kennen, waren schockiert, als
plötzlich der Akku nicht mehr für eine Woche, sondern nur mehr für einen Tag
reichte. Heute ist es völlig klar, dass das öftere und kurze Laden zum Smartphone
dazugehört. Wir denken, der Umgang mit den E-Autos wird sich in den kommenden
Jahren ändern, weg von hohen Reichweiten, hin zu schnellen, überall verfügbaren
Ladepunkten.
Als großer Player mit Unmengen an Know-how, wie schwierig ist es, gutes
Personal zu finden?
Gutes Personal ist doch immer schwer zu finden! (lacht) Wir arbeiten an vielen
spannenden Projekten, in die man sein eigenes Know-how und neue Ideen voll
einbringen kann. Sollte jemand Interesse haben, ganz vorne im
Zukunftstechnologiesektor mitzuarbeiten, unsere Tore stehen weit offen.
Was würden Sie den Menschen sagen, die der Elektromobilität noch skeptisch
gegenüberstehen?
Unbedingt ausprobieren. Wer der Technologie skeptisch gegenübersteht, bildet sich
am besten seine eigene Meinung. Selbst fahren, laden, über die Fahrzeug-App
Fahrzeugdaten einsehen. Dann haben Sie im Nu genügend Informationen beisammen, um
sich zu entscheiden.